Die Aufgaben einer sozialpädagogische Familienhilfe (SPFH)
Was macht eigentlich eine sozialpädagogische Familienhilfe (SPFH)?
Eine sozialpädagogische Familienhilfe (SPFH) ist eine Maßnahme, die Familien in problematischen Situationen unterstützend zur Seite stehen soll. Doch was sind eigentlich die Aufgaben einer solchen sozialpädagogischen Familienhilfe, welche Ziele verfolgt sie und wo liegen die Grenzen dieser Maßnahme?
Rechtliche Grundlage der SPFH
Geregelt sind die gesetzlichen Grundlagen für eine SPFH im SGB VIII im Abschnitt „Hilfe zur Erziehung, Eingliederungshilfe für seelisch behinderte Kinder und Jugendliche, Hilfe für junge Volljährige“. Es handelt sich bei der SPFH um ein Regelangebot der Jugendhilfe. Verankert ist die SPFH in Paragraph 31 des SGB VIII: „Sozialpädagogische Familienhilfe soll durch intensive Betreuung und Begleitung Familie in ihren Erziehungsaufgaben, bei der Bewältigung von Alltagsproblemen, der Lösung von Konflikten und Krisen sowie im Kontakt mit Ämtern und Institutionen unterstützen und Hilfe zur Selbsthilfe geben. Sie ist in der Regel auf längere Dauer angelegt und erfordert die Mitarbeit der Familie.“
Drei wesentliche Merkmale der SPFH
Wer kann eine SPFH in Anspruch nehmen?
Die sozialpädagogische Familienhilfe bildet eine Hilfe zur Erziehung. Als Kostenträger kommt daher nur das Jugendamt infrage. Anträge auf Familienhilfe müssen daher stets an das Jugendamt gerichtet werden. Der Antrag kann entweder direkt beim Jugendamt oder über einen freien Träger der Jugendhilfe gestellt werden.
In Anspruch nehmen können eine SPFH sowohl Familien als auch Alleinerziehende mit Kindern bzw. Jugendlichen. Das Angebot der SPFH beantragen dürfen auch Minderjährige mit Kindern sowie Jugendliche und junge Erwachsene, bei denen ein Bedarf an Unterstützung und Betreuung gegeben ist. Ob ein solcher Unterstützungsbedarf vorhanden ist, wird nach Antrag vom Jugendamt geprüft.
Aufgaben der SPFH
Eine SPFH ist ein Angebot des Jugendamtes und stellt eine aufsuchende und familienbezogene Hilfe dar. In der Regel basiert sie auf Freiwilligkeit, kann jedoch in bestimmten Situationen auch vom Jugendamt zwingend vorgeschrieben werden. Betreut werden durch eine SPFH vor allem Familien mit einem schwachen Einkommensniveau, niedrigen Bildungsabschlüssen und einer hohen Verschuldung. Grundsätzlich steht eine SPFH aber Familien aus sämtlichen Bevölkerungsschichten offen.
Ganz allgemein zählt es zur Aufgabe der SPFH, Familien zu betreuen und diese bei ihren alltäglichen Problemen zu unterstützen. Ziel ist es, die Familien zu stärken und insbesondere das Wohl der Kinder zu sichern. Wenn bei einer Familie die Fremdunterbringung eines Kindes in einem Heim im Raum steht, sollte diese Maßnahme nach Möglichkeit vermieden werden. Aus diesem Grund ist die Reintegration der Kinder innerhalb der Familie eine wichtige Aufgabe der SPFH. Da jede Familie und jedes Lebensumfeld verschieden ist, erarbeitet die SPFH – nach Möglichkeit gemeinsam – mit der jeweiligen Familie individuelle Ziele, die erreicht werden sollen.
Zentrale Aufgabe: Ressourcen erkennen und nutzen
Die SPFH verfolgt ihrem Verständnis nach den Ansatz der Hilfe zur Selbsthilfe. Aus diesem Grund legt die SPFH großen Wert auf ressourcenorientiertes Handeln. Hierbei geht es also darum, an den jeweiligen Stärken der Familien anzuknüpfen und zu prüfen, wie diese Ressourcen von der Familie genutzt werden. Die jeweiligen Ressourcen sind genauso unterschiedlich und individuell wie die Mitglieder der Familie. Aus diesem Grund müssen diese in jedem Fall einzeln betrachtet werden.
Ist eine SPFH eine Art Haushaltshilfe?
Eine SPFH ist zuerst einmal keine Haushaltshilfe oder „Putzfrau“. Sie hat vielmehr die Aufgabe, die Eltern dabei zu unterstützen, einen geregelten Tagesablauf umzusetzen. Hierzu zählt es auch, die Führung des Haushalts zu organisieren. Umgesetzt wird die Haushaltsführung dann aber von den Eltern und nicht von der Fachkraft. Ziel der Maßnahme ist es, den Tagesablauf innerhalb der Familie so zu strukturieren, dass alle Pflichten und notwendigen Erledigungen durch die Familie umgesetzt werden, sodass kein Mitglied der Familie „auf der Strecke bleibt“.
Typische Herausforderungen für die SPFH
In den meisten Fällen ist die Freiwilligkeit der Maßnahme ein wesentliches Merkmal der SPFH. Wenn die Maßnahme jedoch vom Jugendamt angeordnet wird, kann in entsprechenden Fällen die SPFH wie eine aufgezwängte Hilfe wirken. Um eine optimale Hilfe durchführen zu können, ist die SPFH dennoch auf die Freiwilligkeit und entsprechende Motivation der Familienmitglieder angewiesen.
Ebenso herausfordernd in der Praxis ist es für die SPFH, ein geeignetes Verhältnis zwischen Nähe und Distanz und Hilfe und Kontrolle zu finden – vor allem vor dem Hintergrund, dass die SPFH Einblicke in die privatesten Dinge der Familie erhält, beispielsweise in deren finanzielle Situation. Aufgrund dieser Alltagsnähe ist es für die SPFH sehr wichtig, eine professionelle Ebene beizubehalten und sich gegenüber der Familie möglichst wertfrei zu verhalten.
Verschiedene Phasen und Ende der SPFH
In der alltäglichen Praxis existieren unterschiedliche Phasen im Rahmen der SPFH. Die fünf Phasen lassen sich unterscheiden in eine Entscheidungsphase für eine SPFH, eine Phase der Orientierung, eine Hauptphase, eine Phase der Ablösung und in manchen Fällen eine Phase der Nachbetreuung.
Vor- und Nachteile einer SPFH
Die Familienhilfe im Sinne einer SPFH ist nicht unumstritten – insbesondere bei den betreuten Familien. Immerhin lässt sich die SPFH der Jugendhilfe zuordnen und liegt damit im Zuständigkeitsbereich des Jugendamtes, welches sich ohnehin immer wieder mit zahlreichen Vorurteilen konfrontiert sieht. Doch was sind eigentlich ganz konkret die Vor- und Nachteile einer SPFH?
Die SPFH verfolgt einen ganzheitlichen Ansatz. Dies bedeutet also, dass möglichst sämtliche problematischen Situationen der Familien erkannt und in ihren Wechselwirkungen verstanden werden sollen. Die Maßnahme ist dabei vollständig auf die individuelle Lebenswelt der jeweiligen Familie ausgerichtet. Vorteilhaft an einer SPFH ist überdies eine intensive Betreuung und ein langfristiges Hilfekonzept. Gestaltet wird die Maßnahme individuell nach einem Hilfeplan, der ganz genau an die Bedürfnisse der Familie angelegt ist. Letzten Endes soll durch eine Familienhilfe eine Fremdunterbringung von Kindern vermieden werden, was die Familie vor dieser drastischen Maßnahme schützen soll.
Eine SPFH ist nur für Familien möglich, die entsprechenden Bedarf beim Jugendamt angemeldet haben und deren Antrag vom Jugendamt bewilligt wurde. Der Erfolg der SPFH ist in höchstem Maße von der Motivation aller Familienmitglieder abhängig. Sie kann daher nur erfolgreich sein, wenn sämtliche Beteiligten an einer Veränderung der Lebenssituation sowie der problematischen Faktoren interessiert sind. Da der Bedarf an einer solchen Maßnahme kontinuierlich ansteigt, der Einsatz von Personal jedoch stagniert, ergeben sich daraus häufig lange Wartezeiten für Familien.
Weiterführende Links und Quellen:
https://www.anwalt.org/jugendhilfe/
https://www.kindererziehung.com/
Marco Breitenstein
Marco Breitenstein ist Vormund und Verfahrensbeistand an vielen Amtsgerichten in Hessen und Rheinland-Pfalz. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind die systemisch-lösungsorientierte Arbeit in hochkonflikthaften Familiensystemen und im Umfeld psychischer Erkrankungen oder Beeinträchtigungen.
Als Dozent und Speaker ist Marco Breitenstein vermittelt er bundesweit sein Wissen in den Bereichen Kinderschutz, Prävention und insbesondere seine Expertise in Umgangsangelegenheiten sowie Trennungsbegleitung.