Smartphone und Tablet für Kinder

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Kategorien: Eltern & Kind, Ratgeber

Medienkonsum bei Kindern

Hilfe, mein Kind möchte ein Smartphone / Tablet!

In der heutigen Zeit sind vermehrt Handys in Kinderhand zu sehen, dabei handelt es sich schon lange nicht mehr um Geräte zum bloßen telefonieren oder SMS schreiben. Die Geräte haben sich mittlerweile zu einer Art Statussymbol entwickelt und sind Gesprächsthema Nummer eins im Freundeskreis. Es soll leider immer das neueste Smartphone sein, eine dazugehörige „Datenflat“ für unbegrenzten Surfspaß gehört obligatorisch mit auf die Wunschliste.

Handynutzung bei Kindern – wann ist der richtige Zeitpunkt?

Was jedoch ist für ein Kind gesund, ab wann sollte ein Tablet oder Smartphone angeschafft werden? In der Medienerziehung kommt es mit Fingerspitzengefühl für den „perfekten“ Zeitpunkt an, denn Kinder unter 6 Jahren werden schließlich auch nicht allein zum Einkaufen geschickt. Eltern sollten explizit darauf achten, wann Kinder mit bestimmten Situationen selbständig umgehen können, eine klare Altersgrenze oder ein Mindestalter gibt es nicht.

Mit einem Smartphone ist es möglich, unterschiedliche Funktionen zu verbinden. Internet, Apps und Co. gehören dazu, aber Kinder benötigen Erfahrung mit dem Umgang und müssen auch hier angeleitet werden. Aus diesem Grund wird angeraten, erst ab etwa 10-11 Jahren ein Kind mit einem Handy auszustatten. Tipp für Eltern: ein Gerät auswählen, welches nicht nur über Sicherheitseinstellungen verfügt, sondern welches zudem mit einer Jugendschutz – App kompatibel ist oder solche Einstellungsoptionen anbietet, so können Inhalte und Nutzungszeiten individuell konfiguriert und altersgerecht angepasst werden.

Es muss nicht immer das neueste Handy sein, das Gerät sollte vielmehr zu den Bedürfnissen des jeweiligen Kindes passen. Weiterhin sollte der Nachwuchs damit umgehen können. Für den Umgang mit Geld und Finanzen ist es förderlich, wenn ein Kind weiß, welche Kosten so ein Gerät verursachen kann, es sollte sich zumindest in einem kleineren Umfang daran beteiligen.

Gemeinsame Nutzungsregeln sollten besprochen und im Idealfall auch schriftlich festgehalten werden. Diese Vereinbarung umfasst beispielsweise Punkte wie:

  • Verhalten

  • Sicherheit

  • Nutzungsdauer

  • Datenschutz

  • Downloads

  • Kosten

Kinder sollten lernen, ein sicheres Passwort zu erstellen und dieses in regelmäßigen Abständen zu ändern, auch der Umgang mit den (einen) Daten, Privatsphäre und „Notfallverhalten“ – zum Beispiel bei obszönen Inhalten oder Aufforderungen zu gefährlichen oder strafbaren Handlungen – müssen thematisiert und mit klaren Verhaltensregeln belegt werden.

So spannend ein neues Handy auch ist, Ruhezeiten sollen und müssen sein: das gemeinsame Essen, eine Stunde vor dem Schlafengehen oder die halben Ferien können solche Detox-Zeiten sein. Die handyfreie Zeit kann dann für gemeinsame Familienaktivitäten genutzt werden.

Da auch Kinder ein Recht auf Privatsphäre haben sollten Eltern nie heimlich in das Handy schauen, dies kann zu einem fatalen Vertrauensbruch führen – allerdings sollten sie das Gerät wiederum auch nicht ganz aus den Augen verlieren und das Handy immer einmal wieder zum Gesprächsthema machen. Bewährt hat sich ein offener, vertrauensvoller Umgang. Schauen sie ab und zu gemeinsam mit ihre Kind mal über das Handy und sprechen sie über eventuell kritische Inhalte. Lassen sie sich zeigen, was das Kind spielt und welche Social Media Kanäle es nutzt. Ehrliches Interesse statt reiner Kontrolle ist das Zauberwort!

Kinder und Handys – pro und contra

Wie bei allen anderen täglichen Dingen des Lebens, gibt es auch für Handynutzungen bei Kindern Vor- und Nachteile:

Welcher Nutzungsdauer ist angemessen?

Heute können schon die Kleinsten mit Leichtigkeit Handy, Smartphone und sonstige Geräte bedienen, doch zu viel Zeit vor dem Bildschirm birgt auch Gefahren.

Eine Studie des National Institutes of  Health in England zeigte, dass mehr als 4 Stunden an einem Bildschirm pro Tag Schädigungen bei Kindern erzeugen können, zu viel Zeit am Handy ist also schädlich. Bei diesem Faktor kommt es natürlich auf das entsprechende Alter an. Experten geben entsprechende Empfehlungen ab:

  • Kinder bis 5 Jahre: eine halbe Stunde täglich

  • zwischen 6 und 9 Jahren: bis zu einer Stunde täglich

  • ab einem Alter zwischen 10 und 13 Jahren: 60 bis 90 Minuten pro Tag

  • Teenager ab 13 / 14 Jahren: nach individueller Vereinbarung mit steigender Selbstkontrolle

Mediennutzung als Entlastung der Eltern ist keine Lösung

Ein Kind könnte dieses Verhalten mit „meine Eltern haben keine Zeit für mich“ assoziieren, zudem kann sich leicht ein Gefühl der Einsamkeit entwickeln, was wiederum negative Folgen für eine gesunde Entwicklung haben kann. Dosieren sie die Handy- und Tabletnutzung feinfühlig und bieten sie auch alternative Freizeitgestaltung mit Freunden und der Familie an. Ein spannendes Buch, ein gemeinsamer Spaziergang oder auch toben im Garten sind gern gesehene Alternativen zu Handy, TV und Spielekonsole.

So lässt sich ein Handy kindersicher machen

Besonders bei Apple wurde der Kinder- und Jugendschutz beachtet. Zwar müssen unterschiedliche Menüs angeklickt werden, aber Eltern verfügen über die Möglichkeit nicht geeignete Apps zu sperren und Nutzungszeiten individuell zu konfigurieren. Diverse Handys und Smartphones haben eine Kinder-Suchmaschine, sodass es kein Problem sein dürfte, dass jeweilige Gerät wirklich kindersicher zu gestalten.

Neben Apps finden Eltern im Internet diverse zusätzliche Hilfen, die in der Regel durch Pädagogen geprüft wurden. Hierbei werden nicht nur Sicherheits- und Jugendschutzeinstellungen sichtbar, sondern es bieten sich zudem gesellschaftliche Themen wie Cybermobbing, Datenschutz oder Kinderrechte an.

Zur Zeit verfügen rund 1,5 Millionen Kinder in Deutschland über ein Handy, Tendenz steigend. Bei jedem dritten Grundschüler findet sich im Kinderzimmer neben Stofftieren und anderem Spielzeug ein solches Gerät.

Oft lauern neben Whats App und Co. noch viel schlimmere Fallen in Form von Bezahlfallen in einigen (Kinder)-Apps. Bevor der Nachwuchs Rufnummern am Ende der Welt testet, durch Gruselfotos Alpträume bekommt oder eben das Konto ins Minus rutschen lässt, sollten Eltern das Handy immer absichern. Beim ersten Handy ist auf jeden Fall eine Prepaid-Karte anzuraten, die eigene Kreditkarte als Zahlungsmittel ist eine risikoreiche und im Zweifelsfall sehr teure Alternative.

Wie teuer darf ein Handy sein?

Eltern, die sich dazu entschließen, dem Nachwuchs ein Handy zu spendieren, sollten zu einfachen und robusten Geräten greifen, Handy von Papa oder Mama sind eine Alternative. Der Handel bietet zwar spezielle „Kinderhandys“ an, diese gelten aber oft als „uncool“ und sind preislich nicht immer attraktiv.

Bei Smartphones unterscheiden Experten zwischen Einsteiger -, Mittelklasse – und Premium-Modellen. Einsteigergeräte sind unter 100 Euro zu bekommen, bei der Mittelklasse liegen die Kosten zwischen 200 und 500 Euro. Während Oberklassegeräte mittlerweile mit Preisen über 600 Euro zu Buche schlagen, sind bei Geräten der neusten Generation mittlerweile auch über 1.000 Euro keine Seltenheit mehr.

Mein Tipp: lassen sie das Handy „mitwachsen“ und beginnen sie mit einem günstigeren oder auch gebrauchtem Gerät. Kleinere Kinder werden meistens nur telefonieren und das Handy mal zum spielen benutzen, mit zunehmendem Alter werden auch Funktionen wie Fotos machen, Social Media, Internet-Nutzung oder Kreativ-Apps interessant. Die Kleinanzeigenbörsen sind voll mit guten gebrauchten Geräten, wer nicht auf eine Garantie verzichten möchte, findet auch geprüfte gebrauchte Geräte online („refurbished“).

Marco Breitenstein Mediator, Dozent, Verfahrensbeistand
Marco Breitenstein

Marco Breitenstein ist Vormund und Verfahrensbeistand an vielen Amtsgerichten in Hessen und Rheinland-Pfalz. Seine Tätigkeitsschwerpunkte sind die systemisch-lösungsorientierte Arbeit in hochkonflikthaften Familiensystemen und im Umfeld psychischer Erkrankungen oder Beeinträchtigungen.

Als Dozent und Speaker ist Marco Breitenstein vermittelt er bundesweit sein Wissen in den Bereichen Kinderschutz, Prävention und insbesondere seine Expertise in Umgangsangelegenheiten sowie Trennungsbegleitung.