Ist mein Kind normal? Die normale Entwicklung eines Kindes

Insbesondere junge Menschen, die zum ersten Mal Eltern werden, fragen sich dann und wann besorgt, ob ihr Kind normal entwickelt ist oder ob es Anlass zur Sorge gibt, wenn der Nachwuchs manche Dinge noch nicht beherrscht. Um hierauf Antworten zu geben, muss man erst klären, was eigentlich unter einer normalen Entwicklung zu verstehen ist.

Die kindliche Entwicklung beginnt bereits früh

Die Entwicklung eines Kindes ist etwas, das bereits im Bauch der Mutter beginnt und ab der Geburt von den stolzen Eltern beobachtet werden kann. Das Kind verfeinert laufend seine angeborenen Fähigkeiten und erwirbt gleichzeitig neue Fertigkeiten hinzu – vor allem durch Beobachtung von Verhaltensweisen der Eltern und aus eigenem Interesse heraus. Ein Kind möchte immer besser verstehen können, was um es herum geschieht und den Erwachsenen nacheifern. Ein Kind besitzt also eine angeborene Neugier und hat den Drang, selbstständig und aus eigenem Antrieb seine Erfahrungen zu sammeln und die Welt zu verstehen.

Dieser Drang ist wichtig für die eigenständige Entwicklung eines Kindes. Der Erwerb bzw. das Verfeinern eines bestimmten Sinnes oder einer Tätigkeit wird in der Entwicklung eines Kindes gerne als Meilen- oder Grenzstein bezeichnet.

Die Meilensteine in der kindlichen Entwicklung

Es existieren für verschiedene Altersbereiche unterschiedliche Grenzsteine. Diese spiegeln wider, welche Fähigkeiten ein Kind im Fall einer normalen Entwicklung entwickelt haben sollte. Dabei lassen sich die Grenzsteine in unterschiedliche Entwicklungsbereiche einteilen, beispielsweise die Grob- und Feinmotorik, soziale Entwicklung, Sprache und Kognition, also der Wahrnehmungs- und Denkprozesse und zielgerichteten Interpretation.

Natürlich ist jedes Kind einzigartig und aus dieser Sicht heraus betrachtet, ist es nicht tragisch, wenn eine der genannten Fähigkeiten mal ein paar Wochen länger auf sich warten lässt. Diese Grenzsteine dienen also vielmehr als grobe Orientierung für Eltern.

  • In Sachen Körpermotorik kann das Kind aus der Bauchlage heraus den Kopf heben und sich auf die Unterarme stützen.
  • Das Kind kann nun bereits Blickkontakt mit anderen Menschen halten und die Kopflage ändern, um den Blickkontakt fortzusetzen.
  • Das Kind ist in der Lage, die Hände in der Körpermitte zusammenzubringen.
  • Spielzeuge greift das Kind nun mit der ganzen Hand und kann es von einer Hand in die andere geben.
  • Spricht man das Kind freundlich und liebevoll an oder berührt es, löst dies vergnügliche Reaktionen bei ihm aus.
  • Das Kind beobachtet Aktivitäten in seiner direkten Umgebung sehr aufmerksam.
  • Das Kind beherrscht inzwischen sicheres Sitzen, ohne sich dabei seitlich abstützen zu müssen oder zur Seite wegzukippen.
  • Das Fühlen und Tasten von Objekten erfolgt nun nicht mehr mit der Zunge bzw. dem Mund, sondern mit den Fingern.
  • Das Erkunden von interessanten Objekten geschieht nun mit allen Sinnen gleichermaßen, insbesondere dem Schmecken, Sehen und Tasten.
  • Das Kind ist nun in der Lage, ihm bekannte und unbekannte Personen zu unterscheiden.
  • Das Kind kann sicher stehen, wenn es sich an Wänden oder Möbeln festhält.
  • Es ist in der Lage, kleine Gegenstände zwischen Daumen und Zeigefinger zu greifen („Pinzettengriff“).
  • Das Kind kann selbstständig soziale Kontakte starten, beispielsweise indem es andere Kinder anlacht.
  • Wenn man das Kind dazu auffordert, kann es zwei Bauklötzchen aufeinandersetzen, wenn man es ihm vormacht.
  • Verschiedene Objekte sind nun interessant für das Kind. Es experimentiert damit und prüft die Gegenstände auf ihre Verwendbarkeit hin.
  • Das Kind zeigt Freude über Kinderreime, Fingerspiele und Nachahmspiele.
  • Dem Kind ist freies Gehen mit sicherem Gleichgewicht möglich.
  • Es kann auf Aufforderung Dinge in ein Gefäß geben und wieder herausholen.
  • Das Kind kann aus mehreren Bauklötzchen einen kleinen Turm bauen.
  • Es ist in der Lage, einfache Verbote und Gebote zu verstehen und zu beachten.
  • Das Kind kann sicher rennen und dabei Hindernissen ausweichen.
  • Es ist in der Lage, Bonbons geschickt von der Umverpackung zu befreien.
  • Das Kind beschäftigt sich mit kleinen Rollenspielen, beispielsweise mit Puppen, Kuscheltieren oder anderen Spielzeugfiguren.
  • Das Kind ist in der Lage, sich über einen gewissen Zeitraum alleine konstruktiv zu beschäftigen.
  • Das Kind schafft es, mit beiden Beinen von der untersten Stufe einer Treppe herunterzuhüpfen und dabei sicher auf beiden Beinen zum Stehen zu kommen.
  • Das Kind ist in der Lage, kleinere Objekte präzise zu greifen und an einer anderen Stelle wieder abzusetzen.
  • Zwar ist gestaltendes Malen beim Kind noch nicht ausgeprägt; dennoch kommentiert es seine Malergebnisse durchdacht und wortreich. Kinder malen „Kopffüßler“ (Figuren, die nur aus Kopf, Armen und Beinen bestehen).
  • Dem Kind macht es Freude, seinen Bezugspersonen zu helfen und es entwickelt immer mehr Interesse für die Tätigkeiten der Erwachsenen.
  • Das Kind ist in der Lage, ein Dreirad mit koordinierten Bewegungen der Beine und Arme zu steuern.
  • Es ist dazu fähig, einen Malstift zwischen den ersten drei Fingern der Hand zu halten.
  • Die W-Fragen (Wieso, weshalb, warum) werden vom Kind häufig eingesetzt; es zeigt Interesse an verschiedenen Zusammenhängen.
  • Das Kind versteht es grundsätzlich, dass bei gemeinsamen Spielen auch andere Kinder einmal an der Reihe sind.
  • Das Kind kann Treppen freihändig, im Wechselschritt und ohne große Mühen bewältigen.
  • Bei Bastelarbeiten beherrscht das Kind einfache Vorgänge wie etwa sauberes Ausschneiden mit einer Kinderschere.
  • Die Rollenspiele des Kindes fallen immer detaillierter aus. Zudem beginnt das Interesse für Konstruktionsspiele mit Bauelementen.
  • Das Kind kann Regeln beim gemeinsamen Spiel mit anderen Kindern befolgen. Äußerungen emotionaler Art können vom Kind verstanden werden und es kann angemessen darauf reagieren, beispielsweise trösten oder helfen (Empathie, Frustrationstoleranz).

In diesem Artikel hat man sich auf ein paar markante Beispiele konzentriert. Eine vollständigere Auflistung der Grenzsteine in der Entwicklung eines Kindes sind folgend zu finden: https://www.stiftungnetz.ch/entwicklung-des-kindes/

Tipps für Eltern, wie sich die Entwicklung des Kindes unterstützen lässt

Den eigenen Nachwuchs bei den einzelnen Entwicklungsphasen zu begleiten, ist nicht nur faszinierend, sondern bisweilen auch anstrengend, da jedes Kind einzigartig ist und sich auf seine eigene Weise im eigenen Tempo entwickelt. Eine Beschleunigung der Entwicklung durch die Eltern ist zwar nicht möglich; möglich ist es aber, das Kind durch vielseitige Erfahrungsmöglichkeiten dazu anzuregen, die eigene Welt selbstsicher und voller gesunder Neugier zu entdecken und immer geschickter im Umgang mit dem eigenen Körper und seiner Umwelt zu werden. Dies erlaubt es, dass das Kind recht früh selbstständig werden kann.

Doch genau dieser Schritt hin zur kindlichen Selbstständigkeit fällt vielen Eltern nicht einfach. Zum einen werden die Kleinen ja „so schnell groß“ und das Gefühl, gebraucht zu werden, verringert sich für die Eltern mit jedem weiteren Entwicklungsschritt. Zum anderen wollen Eltern ihren Nachwuchs natürlich so gut wie möglich beschützen. Es ist daher immer ein schmaler Grat zwischen der Obhut durch die Eltern und der Freiheit, das Kind selbstständig werden zu lassen und seine eigene Welt selbstständig zu entdecken.

Das Stärken vom Nachwuchs als fester Bestandteil des Alltags

Eltern als Familie bilden für ein Kind eine sichere Grundlage, von der es sich aus die Welt entdecken lässt. Mit einer soliden Familie als Heimat lernt das Kind, seine Grenzen und Fähigkeiten zu erproben – stets in dem Wissen, dass die Familie ein sicherer Ort des Rückzugs bedeutet. Innerhalb der Familie kann ein Kind lernen, was Gemeinschaft bedeutet, Rücksicht auf andere Menschen nehmen und soziale Fähigkeiten entwickeln.

Das Stärken von Kindern – vor allem hinsichtlich ihrer psychischen Entwicklung – ist ein alltäglich stattfindender Prozess. Dieser geschieht im Rahmen einer kindgerechten Erziehung, beim gemeinsamen Spielen, durch Zuwendung und Aufmerksamkeit sowie einem respektvollen Umgang miteinander. Auch das Setzen von Regeln und Grenzen bedeutet, Kinder im Alltag zu stärken.

Fazit

Kinder sind dann dazu in der Lage, ein geistiges, körperliches und seelisches Wohlbefinden zu entfalten, wenn zum einen Grundbedürfnisse (Schlaf, Pflege und Nahrung) und zum anderen emotionale Bedürfnisse (Schutz, Inspiration und Zuwendung) zuverlässig und einfühlsam erfüllt werden. Dieses Wohlbefinden wiederum ist für eine gesunde Entwicklung eines Kindes elementar wichtig. Natürlich stoßen Eltern bei all diesen Anforderungen im Alltag mit ihren Kind immer wieder an ihre Grenzen. Sehr tröstlich ist jedoch die Tatsache, dass Kinder keine perfekten Eltern brauchen oder wollen. Sie sehnen sich nach Vater und Mutter, auf die sie sich jederzeit verlassen können. Sie sehnen sich nach Eltern, die sie mit ihren individuellen Schwächen und Stärken annehmen und jederzeit einen sicheren Zufluchtsort bieten. All dies ist nicht nur für eine gesunde Entwicklung eines Kindes förderlich, sondern auch für das Entstehen einer vertrauensvollen Beziehung zwischen Eltern und dem Nachwuchs.

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